Medienzentrum Ruhr
Gegenöffentlichkeit der 80er Jahre
1979 Video-Streiknachrichten an der Gesamthochschule Essen auf Japan-Standard-1. 1981 parallel zum Studium die Vereinsgründung „Medienzentrum Ruhr“. Mitbesetzung der Zeche Carl.
Vernetzt mit der so genannten „dritten Generation der Videobewegung“
(also: MPZ, Bildwechsel, Stadtjournal, Die Thede in Hamburg, MOB in Berlin, Medienwerkstatt Hannover Linden, Franken und Freiburg, Mediengruppe Schrägspur in Eppenheim, Video Stuttgart und der Videoladen Zürich und viele mehr).
Jugend- und Erwachsenenbildung praktiziert, Roberto Faenza, Hans Magnus Enzensberger, Alexander Kluge, die Arbeiterradiobewegung und anarchosyndikalistische Wünsche im Kopf.
Nicht nur EMPFANGEN sondern auch SENDEN – aber gegen den medialen Nebel um die Eliten gedacht!
Bis Mitte der 80er aktiver Teil der damals – provoziert durch den sogenannten NATO-Doppelbeschluss – stark wachsenden Friedensbewegung. Ein Mitschnitt der ersten Großdemonstration war schon Gegenöffentlichkeit, denn die “Herrschaftsmedien” berichteten kaum und polemisch über 100.000 Demonstranten in Bonn. Zwei Jahre später wurden Menschenketten mit Hubschrauberkameras live in die Sondersendungen übertragen. Die Substanz-Bestimmung von Gegenöffentlichkeit wurde komplexer.
Globalisierung denken – aber aus der Perspektive der Unterdrückten gedacht!
1985 in Bottrop-Welheim zwischen Emscher-Klärwerk, Halde und Kohleverflüssigungsanlage gemeinsam mit Jörg Keweloh auf den Dominikaner Pater Markus und engagierte katholische Seniorinnen gestoßen. Dort die “Mütter der Verschwundenen” aus El Salvador gefilmt. Daraus eine mehrjährige Langzeitbeobachtung entwickelt, gemeinsam gereist zu Flüchtlingen in El Salvador und Honduras. Produkte für WDR, Caritas und den Videoverleih. Solamente.
Global denken, regional handeln – aber dabei Besitz umverteilen!
Im Ruhrgebiet werden Arbeitskämpfe und Arbeitswelt quasi “natürwüchsig” zu Fixierpunkten: Opel und Nokia in Bochum, Krupp in Rheinhausen … aber auch eine Langzeitbeobachtung der Betriebsbesetzung bei der Firma „Mönninghoff“ in Hattingen: “Der Konsul ist schon lange tot”.
- Seminare für den Bergarbeiterstreik in England in der Filmwerkstatt in Essen-Borbeck.
- Kontakt zur Workshop-Bewegung um den Channel 4.
- Einmischung in die Medienpolitik des Landes bei der Vergabe erster Lizenzen für privates Fernsehen in NRW.
Lokalpolitik, Reform, Bürger-Engagement – aber denkste: naiv vor die Wand!
Vor der Wiedervereinigung glaubten wir, in der Region täten sich „Frei“räume auf, sich nicht wieder gegen den nächsten Dreck wehren müssen, unsere Träume konkret entwickeln. Unsere Erfahrung versammeln aus den kleinen Märschen durch die Institutionen. Das ‚Altenessener Forum’ , erstes und einziges “bürgerschaftliches” Projekt der Internationalen Bauausstellung Emscherpark: Genossenschaftliches Wohnen in innovativer Architektur auf modellhaft entseuchten Brachen des Montankapitals, Frischmarkthalle für Türkische Händler im “aufgegebenen” Hallenbad, ein gemeinnütziges Medienzentrum mit Druckerei, BürgerInnen-Radio, lokales Fernsehen und mittelständischen Filmfirmen in einem NRW-Netzwerk, ökologische Verkehrsregelungen im Stadtteil und Denkmalpflege. Wir glaubten wirklich: Jetzt geht’s los! Und wie uns Prof. Ganser im Chor mit den Stars des lokalen SPD-Filzes vor die Wand fuhren, kann man in der Langzeitdokumentation „Altenessener Forum“ erahnen.
Seit 1990 bin ich nicht mehr im Vorstand des Vereins. Jörg Keweloh als letzter noch aktiver Produzent der Gründungsmitglieder verstarb im Dezember 2012. Kurz zuvor konnten wir gemeinsam den Verein “Medienzentrum Ruhr e.V.” an die nächste Generation engagierter Medienschaffender übergeben.
Unmittelbar danach wurde der “Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL)” als Partner gewonnen, um das umfangreiche Archiv des MZR zu digitalisieren und in Zukunft verschlagwortet öffentlich zugänglich zu machen.